Sprungbrett auf den ersten Arbeitsmarkt
Nordeifelwerkstätten haben den Kantinenbetrieb der Kreissparkasse Euskirchen übernommen – Durch die Kooperation können Menschen mit Behinderung außerhalb der Werkstätten im allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß fassen – Alle Beteiligten hoch zufrieden.
Euskirchen – „Der neue Kantinenbetrieb läuft richtig gut, das kann ich aus vollster Überzeugung sagen – denn ich gehe hier täglich essen, wenn ich keine Außentermine habe“, resümierte Udo Becker, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), am vergangenen Donnerstagmorgen im Sparkassenzentrum Euskirchen an der Siemensstraße. Seit dem 1. April betreiben dort die Nordeifelwerkstätten (NEW) die Kantine der Kreissparkasse. Dadurch wird Menschen mit Behinderung ermöglicht, eine Stelle am allgemeinen Arbeitsplatz anzutreten.
Becker berichtete, wie es zu der Kooperation kam: „Durch einen Pressebericht haben wir erfahren, dass die NEW die Kantine im Finanzamt übernommen hat. Soziale Verantwortung und regionale Wertschöpfung sind für uns wichtige Themen, deshalb haben wir Kontakt mit den Nordeifelwerkstätten als möglichen neuen Betreiber auch für unsere Kantine aufgenommen.“
Aus den Gesprächen wurden schnell konkrete Pläne, wie NEW-Geschäftsführer Wilhelm Stein sagte: „Wir haben durch unsere eigenen Kantinen an unseren vier Standorten und der Cafeteria im Thomas-Eßer-Berufskolleg jahrelange Erfahrung, aber es war auch klar, dass das Angebot bei einer Bank anders aussehen muss als an einer Berufsschule – Schüler stehen mehr auf Schnitzelbrötchen.“
Das neue Kantinenteam der Kreissparkasse: Praktikant Marcel Lenz (v.l), die Servicekräfte Reik Perzig und Katharina Behr, Servicefachkraft Birgit Bonenkamp und Küchenchef Frank Heuser. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Das Konzept der NEW, die über 1000 Menschen mit Behinderung im Kreis Euskirchen eine Arbeitsmöglichkeit in geschützten Werkstätten bietet, hat den Vorstand schnell überzeugt. Der vorige Küchenchef Frank Heuser blieb der Kantine erhalten: Er wechselte kurzerhand von seiner bisherigen Catering-Firma zu den NEW und ist begeistert: „Dieser Arbeitgeber unterstützt uns alle sehr gut. Meine neuen Mitarbeiter sind sehr nett, es macht viel Spaß!“ Auch bekomme das Küchenteam täglich Lob von den Gästen.
Die Zusammenarbeit mit den neuen Kollegen laufe ebenfalls reibungslos. Auch diese fühlten sich schnell wohl, wie Servicekraft Reik Perzig berichtete: „Ich war vorher in der Kantine am NEW-Standort in Ülpenich, da war mehr Stress.“ Statt der tausend Essen dort gehen bei der KSK auch nur bis zu 100 über den Tisch – Tendenz allerdings steigend, wie Küchenchef Heuser informierte: „Das ist ja eine öffentliche Kantine, das spricht sich langsam rum.“ Perzig ist neben Hintergrundarbeiten in der Küche auch für Salate und die Industrie-Kaffemaschine zuständig, wodurch er auch Kundenkontakt hat. „Die Banker sind sehr freundlich, ganz normale Menschen eben“, berichtete er.
Winfried Maier, Produktionsleiter NEW Ülpenich, kennt Reik Persig schon durch dessen zweijährige Kantinenzeit dort: „Es ist eine Freude, wie gut er hier aufgenommen wird und wie er dadurch auflebt.“ Udo Becker: „Integration und Inklusion von Menschen mit Behinderung liegt uns am Herzen. Jeder von uns kann durch Unfall oder Krankheit dauerhaft in seinen Möglichkeiten eingeschränkt werden. Dann mit sinnvollen Aufgaben betreut zu werden, ist für das Lebensgefühl und den Selbstwert äußerst wichtig.“ Auch deshalb habe sich die KSK für die NEW entschieden.
Neben den gesellschaftlichen Aspekten habe die NEW aber auch von der Kompetenz her überzeugt, so KSK-Vorstandsmitglied Hartmut Cremer: „Ich kann andere Unternehmen nur dazu ermutigen, in passenden Bereichen ebenfalls Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen einzurichten. Die NEW betreibt das sehr professionell, es gibt hier keinerlei Leistungseinbußen.“
Gelungene Zusammenarbeit in Sachen Inklusion: Wilhelm Stein (v.l.), Geschäftsführer NEW, Praktikant Marcel Lenz, Udo Becker, KSK-Vorstandsvorsitzender, Servicefachkraft Birgit Bonenkamp, die Servicekräfte Reik Perzig und Katharina Behr, Küchenchef Frank Heuser und KSK-Vorstandsmitglied Hartmut Cremer. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Bisher sind Außenarbeitsplätze für Menschen mit Handicap eher rar gesät: Den gut 1000 Plätzen in den NEW-Werkstätten stehen nur 50 Außenarbeitsplätze gegenüber, so Stein: „Umso mehr möchte ich mich bei der Kreissparkasse für die Kooperation bedanken, neben Reik Perzig und Katharina Behr, die mit diesen Arbeitsplätzen sogar ein mögliches Sprungbrett in die freie Wirtschaft haben, können wir hier auch Praktikanten in den allgemeinen Arbeitsmarkt hineinschnuppern lassen.“
Deshalb soll Küchenchef Frank Heuser, der mit Servicefachkraft Birgit Bonenkamp die NEW-Schützlinge betreut, auch noch pädagogisch geschult werden. An Ideen mangelt es dem Küchenteam nicht: So soll zu dem bisherigem Angebot vom Frühstück bis zum mittäglichen Menü, bei dem aus Komponenten auch vegetarische Speisen zusammengestellt werden können, zur warmen Jahreszeit donnerstags der Grill angeworfen werden.