Flüchtlinge machen Fahrräder wieder flott
Unterstützung der Caritas-Fahrradbude durch die KSK-Bürgerstiftung trägt Früchte: Rund 100 Räder konnten bereits an Asylsuchende weitergegeben werden – Flüchtlinge können sich auch selbst einen fahrbaren Untersatz flott machen.
Euskirchen – Mit geübtem Griff macht sich Karl-Heinz Arimond im Hof der Caritas-Kontaktstelle „Café WorkShop“ an der Kette eines Fahrrads zu schaffen. Im Hintergrund ist das Lager der Fahrradwerkstatt „RADgeflüster“ zu sehen. Hier warten noch viele Spendenfahrräder auf ihren zweiten Frühling als fahrbarer Untersatz für Flüchtlinge.
Gemeinsam mit ihm sind die beiden Flüchtlinge Bounadja Qaddouz und Mohamed Mohamed am Werk. Qaddouz und Mohamed leben zurzeit in Iversheim und haben den Tipp mit der Fahrradreparatur bei dem Besuch eines Flüchtlingscafés erhalten.
Bounadja Qaddouz (v.l.), Karl-Heinz Arimond, Peter Müller-Gewiss (Caritas) und Mohamed Mohamed in der Fahrradwerkstatt. Bild: Carsten Düppengießer
Qaddouz, der vor vier Monaten aus Algerien nach Deutschland gekommen ist, ist der Besitzer des schon etwas altersschwachen Fahrrads. Sein Begleiter Mohamed kommt aus Syrien und ist erst seit zwei Monaten in Deutschland. Beide sind ganz begeistert von der Möglichkeit, hier kostenfrei Fahrräder reparieren zu können.
Arimond, ein aktiver 70-jähriger, ist seit kurzem ehrenamtlich für die Flüchtlingshilfe der Caritas Euskirchen aktiv. Den Kontakt zu Peter Müller-Gewiss, dem Koordinator der Aktion Neue Nachbarn in Euskirchen, hat er über den Verein „Feder“ hergestellt. „Ich musste schon immer etwas tun – ohne Arbeit konnte ich nicht sein“, erzählt der ehemalige Beamte, der ursprünglich mal eine handwerkliche Ausbildung gemacht hat und in seiner Freizeit schon immer gern geschraubt und gewerkelt hat. Unter anderem auch an seinen Rennrädern. Da kam ihm die Anfrage der Caritas an „Feder“ gerade recht. Daneben hilft er bei der Kreisstadt Euskirchen ehrenamtlich, geht in sozial benachteiligte Haushalte und führt dort kleinere Reparaturarbeiten aus. Außerdem ist er ein passionierter Jakobs-Pilger. Den Weg nach Santiago de Compostela hat er bereits einige Male von unterschiedlichen Startpunkten aus erfolgreich bewältigt. „Darum auch die Muschel an meinem Hut.“
Müller-Gewiss freut sich sichtlich über die Unterstützung für seine Arbeit. „Seit der Eröffnung unserer Fahrradwerkstatt erhalten wir viele Spendenfahrräder.“ Da sei es naheliegend, diese auch mit und für die Flüchtlinge wieder fit für den Straßenverkehr zu machen. „Bisher konnten wir nur die Räder weitergeben, die keine großartigen Reparaturen benötigten, da uns ein ehrenamtlicher Handwerker fehlte“, so Müller-Gewiss. Einmal im Monat gibt die Caritas seit Juni kostenlos Fahrräder an Flüchtlinge aus, die jeweiligen Termine können bei der Aktion Neue Nachbarn erfragt werden. „Rund 100 Räder haben so bisher neue Besitzer gefunden. Für den nächsten Termin habe ich bereits wieder 40 Interessenten auf der Warteliste“, erklärt Müller-Gewiss.
Die kostenlose Abgabe von Fahrrädern an Flüchtlinge, um diese mobiler zu machen, ist aber für Müller-Gewiss nur eine Seite der Medaille. „Viele junge Männer sind zurzeit in den Flüchtlingsunterkünften und wissen nicht, was sie Sinnvolles mit ihrer Zeit anfangen sollen.“ Für sie sei die Möglichkeit, selbst bei der Reparatur ihres Fahrrades mit Hand anzulegen, ein gutes Angebot.
„Wir sind jetzt erstmal gestartet. Ich mache das Angebot auf den Flüchtlingscafés in der Umgebung bekannt und setze auf Mund-zu-Mund-Propaganda unter den Flüchtlingen“, erklärt Müller-Gewiss. Sowie der Sozialarbeiter genug Anfragen hat, nimmt er Kontakt zu Arimond auf und vereinbart einen Termin vor Ort beim „RADgeflüster“. Hier wird dann gemeinsam geschraubt und repariert. Möglich war der Aufbau der Fahrradwerkstatt durch eine Unterstützung der Bürgerstiftung der Kreissparkasse Euskirchen, die 5000 Euro für dieses Projekt bewilligte.
Mohamed hat heute noch etwas anderes auf dem Herzen. Er möchte möglichst schnell Ausweispapiere haben. Der studierte Betriebswirt brennt darauf, sich in seiner neuen Heimat eine Existenz aufbauen zu können, möchte selbst aktiv werden. Müller-Gewiss vereinbart mit ihm einen Beratungstermin bei seiner Kollegin Ingrid Schiffer, die für die Migrationserstberatung bei der Caritas zuständig ist. Dies sei eine ganz typische Situation und zeige, wie wichtig sinnvolle Beschäftigung sei. „Wenn schon kein Job, so ist aber die Beschäftigung in der Radwerkstatt doch sinnvoller als in der Unterkunft darauf zu warten, dass die Zeit vergeht“, betont Müller-Gewiss abschließend.
Wer ein Fahrrad spenden möchte oder sich für die Arbeit der Flüchtlingshilfe interessiert, kann mit Peter Müller-Gewiss unter der Rufnummer 02251/9419165 oder per Mail unter peter.mueller-gewiss@caritas-eu.de in Kontakt treten. (eB/epa)
B