„Kinder sind kein unbeschriebenes Blatt“
Freie Veytalschule Satzvey feierlich eröffnet – 25 Kinder werden in zwei Klassen unterrichtet – Schulstandort Satzvey kann langfristig erhalten bleiben – Kreissparkasse Euskirchen unterstützte die Schulneugründung.
Mechernich-Satzvey – Mit gerade einmal 25 Kindern, zwei Lehrern, einer Vertretungskraft und einem Schulleiter ging am Samstagmorgen die Freie Veytalschule Satzvey offiziell an den Start. Gut 120 Menschen hatten sich in der Aula der Stephanusschule, mit der sich die Veytalschule fortan das Gebäude teilt, eingefunden, um an der Eröffnungsfeier teilzunehmen. Stefanie Bauer von der Gründungsinitiative berichtete, dass man erst eine Woche Schulzeit sowie die erste Lehrerkonferenz hinter sich habe. Noch gebe es das ein oder andere kleine Problem, das aber sicher bald gelöst werde.
Die Umsetzung der Schule war sehr schnell und zielstrebig vonstattengegangen. Gerade einmal zweieinhalb Jahre hatte man dazu benötigt. Nachdem man im Februar 2014 gestartet sei, habe man bereits im Juni die 100 nötigen Stimmen für die Schulgründung zusammen gehabt, berichtete Bauer. Insgesamt hatte der Förderkreis 40 Vorstandssitzungen abgehalten, um den Kraftakt Schulgründung zu meistern.
Neben zahlreichen Gästen aus Politik und Verwaltung waren auch der KSK-Vorstandsvorsitzende Udo Becker (v.l.) sowie der stellvertretende Landrat Markus Ramers zur Einweihungsfeier gekommen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
„Wenn man eine neue Schule auf die Beine stellen will, dann baut man im Grunde genommen ein mittelständisches Unternehmen auf“, berichtete Stefanie Bauer, die mit Maria Pesch und Svenja Spittmann quasi die Initialzündung zur Schulgründung gegeben hatte. Man komme weder an einem Businessplan noch an einer Bankbürgschaft vorbei.
Bürgermeister Dr. Hans Peter Schick freute sich, dass durch die Neugründung der Schulstandort Satzvey langfristig gesichert sei. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
„Wir waren daher sehr froh, dass uns die Stadt Mechernich und hier vor allem Bürgermeister Dr. Hans Peter Schick stets zur Seite gestanden haben“, berichtet Bauer. Beim Bürgermeister sei man von Anfang an auf offene Ohren gestoßen. Gleich bei der ersten Vorstellung des Projekts habe dieser gesagt: „Wer eine Waldorfschule gründet, der muss im positiven Sinne verrückt sein.“
Udo Becker (links) ließ sich von den Pädagogen die Einrichtung des Klassenzimmers erklären. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Eltern, Mitarbeiter und Lehrer hätten eine Bürgschaft für die Schule abgegeben. Man habe eine Leih- und Schenkgemeinschaft gegründet und auch fleißig Spenden gesammelt. Vorstandsmitglied Walter Bornemann, der die Veranstaltung moderierte und bei der ene-Unternehmensgruppe für Personalmanagement zuständig ist, berichtete am Rande der Veranstaltung, dass man besonders auch der Kreissparkasse Euskirchen zu Dank verpflichtet sei, die die Schulgründung finanziell unterstützt habe. KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker war denn auch persönlich am Samstagmorgen nach Satzvey gekommen, um sich aus erster Hand über den Stand der Schule unterrichten zu lassen sowie die beiden bereits fertig eingerichteten Klassenzimmer zu inspizieren.
Bürgermeister Dr. Hans Peter Schick sagte in seiner Ansprache, dass er überrascht gewesen sei von der Zielstrebigkeit der Initiatoren. „Uns war klar, die Damen würden nicht locker lassen“, berichtete er. Zwar habe es im Rat Bedenken gegeben, man habe Konkurrenz für die anderen Schulen befürchtet, doch schließlich hätten die Schulgründer die Politiker überzeugen können. „Letztlich zeigt sich wieder einmal, dass der Wettbewerb um das knapper werdende Gut »Schüler und Schülerinnen« nicht durch das schönere Schulgebäude und die bessere Ausstattung entschieden wird, sondern durch den Willen von Eltern und Kindern“, so Schick. Der Bürgermeister freute sich über die Entwicklung, denn ohne die neue Schule, die die Räumlichkeiten der Stephanusschule mit nutzt, wäre der Schulstandort Satzvey wohl über kurz oder lang in Frage gestellt worden. „So aber bleibt der Schulstandort Satzvey langfristig gesichert“, sagte Schick.
Eltern und Kinder präsentierten eine kleine Eurythmie-Aufführung unter dem Titel „Filou findet den Regenbogen“. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Markus Ramers, stellvertretender Landrat und Vorsitzender der Bürgerstiftung der Kreissparkasse Euskirchen, betonte, dass die neue Schule, die nach den Richtlinien einer Waldorfschule geführt werde, die Schullandschaft im Kreis Euskirchen bereichere, zumal sie die einzige Schule dieser Art im Kreis sei. In der Pädagogik nach Rudolf Steiner werde die Entwicklung jedes einzelnen Kindes in den Vordergrund gestellt.
Waldorfpädagoge Wolfgang Dornwald (hinten) hatte mit den Kindern bereits ein kleines Stück einstudiert. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Schulleiter und Waldorfpädagoge Wolfgang Dornwald versuchte im Anschluss die Quintessenz der Waldorfpädagogik darzustellen. „Für uns sind Kinder, wenn sie auf die Welt kommen, kein unbeschriebenes Blatt, sondern sie haben ein dickes Skript dabei und wollen eine bedeutende Rolle im Leben spielen“, sagte er. Als Pädagoge wolle man dabei behilflich sein, diesen Lebensplan zu verwirklichen und die Kinder nicht nur auf die Ansprüche vorzubereiten, die die Welt an sie stelle. „Wir versuchen die Hemmnisse aus dem Weg zu räumen, damit das Kind seine eigene Biographie leben kann“, so Dornwald. Dabei betonte er: „Wir machen nicht alles besser, nur anders.“ Grundsätzlich war der Pädagoge der Ansicht, dass alle Schulen mehr Freiheit bräuchten: „Lehrer wissen besser als Ministerialdirektoren, was pädagogisch sinnvoll ist.“
Die Schulkinder zeigten den Gästen, was sie in der Freien Veytalschule Satzvey bereits gelernt hatten. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Abgerundet wurde die Feierstunde von einigen Vorträgen der Kinder und Eltern. Dabei wurde den Gästen auch zu verdeutlichen versucht, was es mit der Eurythmie auf sich hat, einem Unterrichtsfach, das es nur an Waldorfschulen gibt, und in dem versucht wird, in Sprache und Musik wirksame Gesetzmäßigkeiten und Beziehungen durch menschliche Bewegung sichtbar zu machen.
Udo Becker (links) informierte sich bei Walter Bornemann vom Förderkreis der Veytalschule über den aktuellen Stand der Schule. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Bei der anschließenden Besichtigung der Klassenzimmer zeigte sich KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker überrascht von der klaren Aufteilung der Räume. Frontalunterricht gibt es hier nicht. Die Kinder sollen nach Möglichkeit viel in Bewegung bleiben. Holzkisten und Sitzkissen, die man rasch umbauen kann, ersetzen die Schuleinrichtung. Auf den Fensterbänken lagen zahlreiche Fundstücke aus dem Wald und der Natur. Udo Becker zeigte sich begeistert und meinte: „Es riecht einfach toll hier.“