Medizinische Hilfe fürs Pferd von A bis Z
Unternehmerfrühstück „viertelvoracht“ war zu Gast in der Pferdeklinik in Burg Müggenhausen – Teilnehmer durften auch bei einer Operation zuschauen.
Weilerswist-Burg Müggenhausen – Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Unternehmerfrühstücks „viertelvoracht“, das von der Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen und der Kreissparkasse Euskirchen vier Mal im Jahr ausgerichtet wird, haben in den vergangenen Jahren schon in so manchen Betrieb einen Blick werfen dürfen. In einer Pferdeklinik war man bisher allerdings noch nicht zu Gast. In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es auch nur acht Einrichtungen dieser Art, eine davon befindet sich glücklicherweise in Weilerswist in der Burg Müggenhausen.
Gastgeber Dr. Thomas Weinberger (v.l.), Inhaber der Pferdeklinik Burg Müggenhausen, dankte sowohl Udo Becker, Vorstandsvorsitzender Kreissparkasse Euskirchen, als auch Landrat Günter Rosenke für die Unterstützung im Rahmen von „viertelvoracht“. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Begrüßt wurde das Plenum in der ehemaligen Schmiede der Burg von Landrat Günter Rosenke und dem Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Euskirchen, Udo Becker. Der Landrat empfahl den Anwesenden, diesmal besonders gut zu frühstücken, um nachher beim Besuch des Operationsraums „auf den Beinen stehen zu bleiben“. Als Landrat sei er sehr stolz darauf, eine Pferdeklinik im Kreis Euskirchen beheimatet zu wissen. Auch Udo Becker rühmte den weltweit hervorragenden Ruf der Klink, der sogar bis nach Katar und Dubai reiche. „Allein am kommenden Wochenende treffen sich hier bei den Equine Orthopaedic Case Days führende Pferdeexperten aus der gesamten Welt“, so Becker, der betonte, dass die Klinik über zahlreiche Alleinstellungsmerkmale verfüge.
Dr. Thomas Weinberger, Fachtierarzt für Pferde und Geschäftsführer der Klinik, berichtete, dass alles 1996 mit einer Gemeinschaftspraxis in der ehemaligen Hufschmiede der Burg begonnen habe. Nach großen Umbaumaßnahmen und noch größeren Investitionen sei daraus schließlich ein Jahr später die Pferdeklinik hervorgegangen, in der heute auf 25.000 Quadratmetern zwölf Tierärzte und gut 40 Mitarbeiter, darunter zahlreiche tiermedizinische Fachangestellte und fünf Auszubildende, sich um die Vierbeiner aus aller Welt kümmerten. Derzeit plane die Burg eine Erweiterung ihrer Einrichtungen.
„Als wir vor zwanzig Jahren unser Konzept der Kreissparkasse Euskirchen vorgestellt haben, waren wir sehr nervös“, berichtete Weinberger. „Wir hatten nicht viel Eigenkapital, aber die KSK war schließlich von unserer Idee überzeugt und sagte: »Wir machen das!«, wofür ich bis heute dankbar bin.“
Besuch bei den Pferden: Das jüngste Netzwerktreffen für Unternehmer im Kreis Euskirchen „viertelvoracht“ fand in der Pferdeklinik Burg Müggenhausen statt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Heute verfügt die Klinik über einen sehr guten Ruf, denn statt auf Spezialisierung setzt man auf ein umfangreiches medizintechnisches Angebot. In der Burg verfügt man sogar über ein MRT-Gerät für Kernspintomographie, das bei seiner Anschaffung das gerade einmal vierte Gerät dieser Art auf der ganzen Welt war. Ob Augenheilkunde oder Chirurgie, ob Fohlenmedizin, Gynäkologie, Orthopädie, Zahnerkrankungen oder einfach nur Kaufuntersuchungen und Begutachtungen, in Müggenhausen ist fast alles möglich. Ein Spezialgebiet sind auch die medizinischen Hilfen bei Koliken, die gern in Anspruch genommen werden. Aber auch Rittigkeitsprobleme, Innere Medizin und Rehabilitation sind Bereiche, in denen die Klinik sehr gut aufgestellt ist.
Werbung braucht man dabei kaum zu machen. Die Mundpropaganda reicht fast aus, um die Klinik dauerhaft auszulasten. „Dennoch muss man klar sehen, dass der Markt in Deutschland nicht mehr wächst, sondern schrumpft“, berichtete Weinberger. In Deutschland gebe es immer weniger Pferde. „Man muss sich daher entscheiden, bleibt man als Pferdeklinik klein oder bietet man medizinische Behandlungen von A bis Z an.“ In Müggenhausen hat man sich für das komplette Programm entschieden. Klar, dass es hier auch ein eigenes Labor gibt und dass man selbst alternative Heilmethoden anbietet.
Weinberger berichtete, dass er selbst noch als klassischer Pferdearzt über die Dörfer gefahren sei. Heute aber machten die Tiermediziner nach Ende ihres Studiums meistens eine vierjährige Zusatzausbildung, um sich in einem Fachbereich als „Diplomates“ zu spezialisieren. „Neben den Tierärzten spielen bei uns aber besonders die tiermedizinischen Fachangestellten eine entscheidende Rolle“, so Weinberger weiter. „Die Helfer bedienen bei uns sogar das MRT und werten anschließend die Bilder aus, denn sie verfügen über einen großen Erfahrungsreichtum.“
In einer Pferdeklinik geht es allerdings nicht zu wie auf einem Ponyhof. Der Job dort, so verriet Weinberger, sei sehr anstrengend. Die Pferde müssten rund um die Uhr betreut werden, sieben Tage die Woche und natürlich auch an Feiertagen. „Darin unterscheidet uns nichts von einem humanmedizinischen Krankenhaus“, so Weinberger, der bereits in Pferdekliniken in Los Angeles und New York gearbeitet hat und der für seine grundlegende Doktorarbeit zum Thema Doppler-Echokardiographie beim Pferd den Felix Wankel Preis erhielt.
In einem kleinen Impulsvortrag berichtete Weinberger im Anschluss über Erfahrungen mit Asylbewerbern, die er in der Klinik gesammelt hatte. „Ich muss gleich vorweg sagen, dass ich für humanitäre Hilfe bin und in dieser Angelegenheit voll und ganz hinter der Bundeskanzlerin stehe“, sagte Weinberger und erntete dafür spontanen Applaus im Plenum. Sein Vater sei in Krieg und Gefangenschaft und anschließend selbst ein Flüchtling gewesen. Dass die EU derzeit in der Flüchtlingsfrage so wenig Solidarität zeige, sei frustrierend. Gleichzeitig wies Weinberger aber auch darauf hin, dass die derzeitige Integrationspolitik nicht funktioniere. So habe er einen Tiermedizinstudenten und einen ausgebildeten Tierarzt aus Syrien in der Klinik aufgenommen, doch sei die Zusammenarbeit an Sprachbarrieren gescheitert.
Nach dem Impulsvortrag gab es Zeit für Gespräche bei einem Frühstück. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
„Ich kann nicht sagen, woran es letztlich gelegen hat, ob die Erwartungshaltungen auf beiden Seiten vielleicht zu hoch waren, wir konnten ja leider nicht darüber sprechen“, so Weinberger. Auch halte er es nicht für zielführend, wenn man Asylbewerbern nach einem nur dreimonatigen Praktikum den Mindestlohn zahlen müsse. „Das ist manchmal Mitarbeitern, die auch nicht viel mehr verdienen, nur schwer verständlich zu machen“, sagte er und plädierte dafür, die Integrationsphase auf mindestens ein Jahr auszuweiten. „Und wenn wir als Unternehmer danach nicht den Mindestlohn, sondern ein Azubigehalt zahlen dürfen, dann würden wir viele Asylbewerber gern noch zusätzlich zu unseren Azubis einstellen“, so Weinberger abschließend.
Die Gäste durften beim Betriebsrundgang unter anderem durch eine Glasscheibe eine Operation beobachten. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
In kleinen Gruppen wurden die Teilnehmer des Unternehmerfrühstücks anschließend von Tierärzten durch die Räumlichkeiten der Klinik geführt. Höhepunkt war sicherlich die Möglichkeit, auch bei einer Operation eines Pferdes dabei zu sein, natürlich hinter einer Glasscheibe. Aber auch den anderen Einrichtungen der Klinik von der Isolierstation bis zur Radiologie, vom Ausführparcours bis zur Orthopädie mit dem Swing-Lifter, der den Tieren das Gehen erleichtert, wurde von Seiten der Besucherinnen und Besucher reges Interesse entgegen gebracht.