Volles Haus beim außergewöhnlichen Aktionstag des Berufskollegs Eifel
Schüler aller Schulen im Kreis Euskirchen waren eingeladen, berufliche Tätigkeiten einfach einmal auszuprobieren – KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker informierte unterhaltsam über die Niedrigzinspolitik der EZB.
Kall – Schon um 9 Uhr in der Früh standen am Samstagmorgen ganze Schulklassen vor den Toren des Berufskollegs Eifel in Kall und warteten auf Einlass. Grund für den Massenandrang war der zweite große Aktionstag „Berufliche Bildung“. Schulleiter Jochen Roebers berichtete, dass der Aktionstag für Schüler aller Schulen im Kreis Euskirchen und deren Eltern ins Leben gerufen worden sei. „Wir wollen hier einmal ganz konkret zeigen, welche Möglichkeiten der beruflichen Bildung in der Region bestehen“, so Roebers. Er freue sich besonders darüber, dass rund 30 namhafte Ausbildungsbetriebe teilgenommen hatten: „Darüber hinaus haben wir Vertreter sämtlicher Kammern und Verbände vor Ort.“ Anders als bei einem reinen Informationstag stehe in Kall das aktive Ausprobieren typischer beruflicher Tätigkeiten im Vordergrund. „Das hilft bei der Berufsfindung mehr als 1000 Worte“, war sich der Schulleiter sicher.
Hochbetrieb herrschte bei den Frisören. Dort nutzten vor allem viele weibliche Gäste die Gelegenheit, neben einer Berufsberatung auch noch gleich eine Typberatung mitzunehmen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Doch nicht nur die Vertreter der Ausbildungsbetriebe hatten sich an diesem Tag ins Zeug geworfen, um Nachwuchs für ihr Unternehmen zu akquirieren, auch die Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs sowie ihre Lehrer waren vor Ort, um Fragen zu beantworten, Einblicke in den Schulalltag zu geben und sich darüber hinaus um das Wohlergehen der Gäste zu kümmern.
Ein Gebissabdruck abnehmen und bearbeiten durfte man bei den Zahntechnikern. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Den jungen Leuten wurden zahlreiche Möglichkeiten geboten, in verschiedene Berufsfelder hineinzuschnuppern. So konnten sie beispielsweise unter Anleitung eines Zahntechnikers Gebissabdrücke herstellen und diese bearbeiten, bei den Frisören ging es um die richtige Typberatung. Die Restaurantfachleute zeigten, wie man einen Tisch richtig eindeckt, bei den Köchen wurde zubereitet, was Wald und Wiese zu bieten hatten, die Bäcker erstellten professionelle Backwaren, es wurden alkoholfreie Cocktails gemixt und selbstverständlich kam auch Spiel und Spaß nicht zu kurz. Darüber hinaus konnte man Reanimationstechniken erlernen sowie am Speed-Dating, Geoquiz und natürlich auch hier und da am Probeunterricht teilnehmen.
Medizinische Fachangestellte zeigten, wie eine Herzdruckmassage funktioniert. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Vielen Gästen wurde wohl zum ersten Mal bewusst, dass das Berufskolleg Eifel in Kall mit seinem Wirtschaftsgymnasium eine sehr große Spannbreite an beruflicher Bildung bietet. Zu den Fachbereichen zählen Wirtschaft und Verwaltung, Tourismus, Ernährungs- und Versorgungsmanagement sowie Gesundheit und Körperpflege. Für diese Bereiche bietet die Schule allein 23 Bildungsgänge sowohl für die berufliche Orientierung, Vorbereitung und duale Ausbildung als auch für die Erlangung höherer Schulabschlüsse bis zur allgemeinen Hochschulreife. „Unser Ziel ist es, jungen Menschen einen guten Start ins Berufsleben zu ermöglichen und sie dabei zu begleiten, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden“, so Roebers.
Der Vorstandsvorsitzende der KSK Euskirchen, Udo Becker, referierte spannend und humorvoll zur Zinspolitik der EZB. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Der Schulleiter freute sich besonders darüber, dass auch einige hochkarätige Redner am Samstag ins Berufskolleg gekommen waren. Allen voran der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Euskirchen (KSK) Udo Becker, der den jungen Leuten unter dem Titel „Draghis langer Arm in den Kreis Euskirchen“ die Bedeutung des Niedrigzinsumfelds für Kunden und Banken erklären sollte. Das klang zunächst nach einem schwierigen Thema. Doch ist Udo Becker mittlerweile dafür bekannt, dass er auch komplexe Zusammenhänge aus der Banken- und Finanzwelt unterhaltsam und mit viel Humor zu vermitteln weiß. Eine Stunde lang lauschten die jungen Leute, die überwiegend aus dem Wirtschaftsgymnasium kamen oder sich für diese Einrichtung interessierten, gebannt seinen spannenden und zuweilen auch amüsanten Ausführungen.
Schulleiter Jochen Roebers bedankte sich bei Udo Becker für den gelungenen Vortrag. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Becker klärte zunächst über die Gründe für die Niedrigzinspolitik Mario Draghis auf, mit der eine Preisniveaustabilität erreicht werden soll. Er wies auf das Problem der Deflation hin, also auf eine Phase sinkender Preise und der damit einhergehenden Konsumzurückhaltung. Neben der Zinspolitik verwies er auch auf das Anleihenkaufprogramm der EZB. „Statt für 60 Milliarden Euro im Monat kauft die EZB nunmehr für 80 Milliarden Euro Anleihen auf“, so Becker. Der KSK-Chef und Dozent am Standort Schleiden der Rheinischen Fachhochschule (RFH) kritisierte vor allem, dass die Zinspolitik der EZB dazu führe, dass man schon jetzt bei der Altersvorsorge eine sinkende Motivation verzeichne und daher mit einer höheren Altersarmut rechnen müsse. „Ein heute 35-Jähriger muss bereits ohne Verzinsung 133 Euro im Monat sparen, um mit 65 Jahren 200 Euro mehr an Rente zu haben“, so Becker. Bei einer Verzinsung von vier Prozent seien es hingegen nur 48 Euro im Monat. Becker mahnte die jungen Leute jedoch ausdrücklich, das Thema Rente sehr ernst zu nehmen und das Sparen grundsätzlich nicht für überholt zu halten. Gerade jetzt in jungen Jahren sei es wichtig, sich kompetent beraten zu lassen, damit es später einmal kein übles Erwachen gebe.
Ein Team der Kreisparkasse Euskirchen stand den jungen Leuten den ganzen Tag über Rede und Antwort. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Tipps zur Bewerbung gab anschließend Walter Bornemann vom Personalmanagement der ene-Unternehmensgruppe. Anhand zahlreicher Bewerbungen, die bislang über seinen Schreibtisch gegangen sind, konnte er den jungen Leuten genau sagen, was bei einer Bewerbung geht und was ganz und gar nicht geht. „Manche Personaler nehmen sich nur zwischen drei Sekunden und drei Minuten für eine Bewerbung Zeit, da ist der erste Eindruck entscheidend“, so Bornemann.
Für die angehenden Bewerber hatte Bornemann beispielsweise die Tipps parat, sich im Vorfeld sehr genau mit dem Unternehmen, bei dem man sich bewirbt, auseinanderzusetzen, damit man auf Fragen auch entsprechend antworten könne. „Ich habe es schon erlebt, dass jemand sich bei uns beworben hat und gar nicht wusste, was wir überhaupt machen.“
Bereits gegen Mittag konnte Schulleiter Roebers die Veranstaltung als vollen Erfolg verbuchen. Er möchte den Aktionstag daher auch im nächsten Jahr wieder anbieten.