„Talente wie euch, die brauchen wir im Handwerk“
Gewinner der „Guten Form 2017“ im KSK-Beratungscenter „Kirchplatz“ prämiert – Natalie Wiskows Notenschrank aus europäischem Nussbaum hatte es der Jury besonders angetan – Tischlermeister Arno Müller mahnte mehr Ausbildungsbereitschaft in den Betrieben an
Euskirchen – Ein Bett mitten im Euskirchener Beratungscenter „Kirchplatz“ der Kreissparkasse Euskirchen (KSK) sorgt zurzeit bei den Kunden für etwas Verwirrung. Normalerweise dauert es ja nicht allzu lange, bis man seinen Kundenberater sprechen kann. Wozu also die vermeintliche Aufforderung zum Nickerchen? Der Grund für dieses und einige andere ungewöhnliche Möbelstücke, die noch ein paar Tage lang in der Sparkassenfiliale zu sehen sind, ist der alljährliche Wettbewerb „Die gute Form“ der Tischlerinnung Euskirchen. KSK-Vorstandsmitglied Hartmut Cremer freute sich am Dienstagabend, die Preisträger dieses ungewöhnlichen Wettbewerbs im Beratungscenter begrüßen zu dürfen.
Gemeinsam mit dem KSK-Vorstandsbeauftragten Helmut Habscheid und KSK-Vertriebsleiterin Melanie Büser begrüßte Cremer die zahlreichen Gäste. Obermeister Martin Vogelsberg sagte zu den jungen Leuten: „Talente wie euch, die brauchen wir im Handwerk“ und erinnerte daran, dass Handwerker deutlich seltener arbeitslos würden als Akademiker und darüber hinaus sehr oft in Führungspositionen zu finden seien.
Preisträger 2017
Hartmut Cremer (l.), Melanie Büser (3.v.r.) und Helmut Habscheid (2.v.r) begrüßten die Preisträger Natalie Wiskow (v.r), Robin Schnichels, Benjamin Bonzelet und Michael Worms im KSK BC „Kirchplatz“. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
„Ihr habt eure persönliche Kompetenz in euer Gesellenstück einfließen lassen und ein individuelles Möbelstück erschaffen, das nachhaltig und seinen Preis wert ist“, freute sich auch der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rureifel Uwe Günther.
Tischlermeister Arno Müller moderierte sodann die Preisverleihung und betonte, dass er froh sei, dass die KSK auch in diesem Jahr wieder ihre zentral gelegenen Geschäftsräume für die Ausstellung der Gesellenstücke zur Verfügung stelle und es somit vielen Menschen möglich mache, einen Blick auf die hohe Handwerkskunst der jungen Leute zu werfen.
Die „Gute Form“ ist ein eigenständiger Wettbewerb im Rahmen der Gesellenprüfung. Prüflinge haben dabei die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und ihre Kreativität unter Beweis zu stellen. Die Preisträger auf Innungsebene können darüber hinaus am Landeswettbewerb und bei Erfolg auch am Bundeswettbewerb teilnehmen.
„Der Wettbewerb richtet sich nicht nach den technischen Kriterien der Gesellenprüfung, sondern hier zählen vor allem Eigenständigkeit und Qualität der Idee“, so Müller. Des Weiteren stünden formale Aspekte wie Gliederung, Proportionen und die Material- und Farbkomposition im Vordergrund. Eine dreiköpfige Jury nehme sodann eine Bewertung vor und begründe ihre Entscheidung.
Für Arno Müller verbindet sich mit dem Wettbewerb aber letztlich auch ein ganz konkretes Anliegen, nämlich die Zukunftssicherung des Tischlerhandwerks. Eindringlich appellierte er an alle Mitgliedsbetriebe der Tischlerinnung Euskirchen, die in den vergangenen Jahren nicht mehr ausgebildet haben, doch wieder Lehrlinge aufzunehmen. „Denn sollten die Ausbildungszahlen bei uns im Kreis Euskirchen in den nächsten Jahren so gering bleiben wie in der aktuellen Unterstufe mit 13 Lehrlingen, dann werden wir sehr wahrscheinlich keine Klasse mehr am Thomas-Eßer-Berufskolleg bekommen.“ Dies würde bedeuten, man müsste die Lehrlinge nach Köln, Aachen oder Bonn schicken. Angesichts der guten Ausbildungsarbeit, die in Kreis Euskirchener Betrieben geleistet wird, wäre das ein harter Schlag für das Tischlerhandwerk.
KSK-Vorstandsmitglied Hartmut Cremer ließ sich den raffinierten Notenschrank von Siegerin Natalie Wiskow in allen Einzelheiten erläutern. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Den ersten Platz beim diesjährigen Wettbewerb belegte Natalie Wiskow. Die junge Frau aus dem Ausbildungsbetrieb „Holzkunst Mostert“ in Rheinbach hatte einen Notenschrank aus europäischem Nussbaum mit türkisfarbenen Einsätzen geschreinert, der jedem Komponisten oder Dirigenten Herzklopfen bereiten dürfte. Die Jury lobte besonders den Mut und die Innovationskraft von Natalie Wiskow, ihre polarisierende Gestaltung (wobei wohl die Materialien und nicht die Wirkung auf den Betrachter gemeint sein dürfte) sowie die außergewöhnliche Umsetzung. Hartmut Cremer ließ sich interessiert das eigenwillige Schränkchen erklären, welches in seinem Inneren nicht nur jede Menge Ablagen für Noten verbirgt, sondern das sich auch mit ein paar Handgriffen in einen Notenständer verwandeln lässt.
Der zweite Preis ging an Benjamin Bonzelet für diesen Barschrank in Ziricote. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Der zweite Platz ging an Benjamin Bonzelet vom Ausbildungsbetrieb Schreinerei Züll aus Mechernich. Der Barschrank in Ziricote, ein hartes mittelamerikanisches Tropenholz, das man mehr aus dem Musikinstrumentenbau kennt, hatte es nicht nur in sich, sondern auch unter sich. Denn das dunkle Möbel stand auf einem hellen Sockel, den die Jury als „mutig“ bezeichnete. Gelobt wurde die außerordentliche, herausragende Verarbeitung. Bonzelet habe mit seiner Arbeit „den Zeitgeist getroffen“. Ganz nebenbei ist der junge Mann auch Innungsbester, weshalb er bei der nächsten Lehrlingslossprechung nochmals geehrt wird.
Für diese Werkbank in massiver Buche landete Robin Schnichels auf Platz drei. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Auf Platz drei landete Robin Schnichels vom Ausbildungsbetrieb Schreinerei Prasmo in Blankenheim. Er schuf eine Werkbank in massiver Buche, an welcher der Jury vor allem die „verrückte Kombination eines Funktionsgegenstandes mit möbelgestalterischen Eigenschaften“ gefiel. Die tolle, klar und ausdruckstark umgesetzte Idee dieser Werkbank dürfte bestimmt auch die konkrete Grundlage für weitere schöne Einfälle von Robin Schnichels sein.
Michael Worms erhielt für dieses Bett in rustikaler Eiche eine Belobigung. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Für sein Bett in rustikaler Eiche, das derzeit im BC am Kirchplatz für manchen Kundenscherz sorgt, erhielt Michael Worms vom Ausbildungsbetrieb Helmut Peetz in Kall eine Belobigung. Die schöne Materialauswahl, die optische und haptische Abgrenzung der Materialien und die cleveren Details wie zum Beispiel zwei USB-Anschlüsse am Kopfende stießen bei der Jury auf Gefallen.
Für diesen freihängenden Sekretär von Stefan Steg sprach die Jury ebenfalls eine Belobigung aus. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Eine weitere Belobigung ging an Stefan Steg aus der Schreinerei Hellenthal. Sein freihängender Sekretär überzeugte die Jury durch seine schlichte Eleganz und seine pfiffige Funktionalität.