Bürgerkunst vom Götterboten
Peter Hermes erstellt einen Obelisken aus künstlerisch gestalteten Einzelsteinen für die Euskirchener Innenstadt – Kreissparkasse Euskirchen will der Stele die Krone aufsetzen und wird voraussichtlich die pyramidenförmige Spitze aus Edelstahl stiften
Euskirchen-Euenheim – Sechs Meter hoch soll sie werden, zusammengesetzt aus rund 600 einzelnen, handgemachten und künstlerisch gestalteten Betonsteinen: Der gebürtige Oberwichtericher Peter Hermes baut einen Obelisken, der im Euskirchener Viehplätzchen-Viertel, wahrscheinlich am Rüdesheimer Platz, aufgestellt werden soll. „Ich schaffe einen Stein am Tag, 20 im Monat“, berichtete der 73-jährige Hermes im Berufsbildungszentrum Euskirchen (BZE), wo er in einem der zahlreichen Räume der Lehrwerkstätten den Monolithen zusammenstellt.
Peter Hermes (v.l.) und Rita Witt, Vorsitzende der beiden KSK-Stiftungen, bestücken schon einmal den geplanten Pflanzstein des Obelisken. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Eine Vielfalt von Symbolen, Materialien und selbst gemischten Farben bot sich Hartmut Cremer, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), und Rita Witt, Direktorin des KSK-Vorstandsstabes, bei ihrem Besuch in der Obeliskenwerkstatt. Die KSK-Bürgerstiftung hatte das Projekt bereits unterstützt. Witt und Cremer waren aber so begeistert von der verbindenden Vielfalt der abgebildeten Themen, dass sie sofort aufmerksam wurden, als Hermes mitteilte, dass er noch auf der Suche nach Sponsoren für die geplante Spitze des Werkes sei. Peter Hermes: „Die Spitze soll aus Edelstahl gefertigt werden, mit Lichtschächten, von innen mit stromsparender LED-Technik beleuchtet.“ Die beiden Finanzexperten waren sich sofort einig: Hermes soll einen Kostenvoranschlag für die Obeliskenkrone einholen und diesen dann an die Kreissparkasse schicken.
Denn neben der ansprechenden Gestaltung waren die „Banker“ sehr angetan davon, dass in dem Werk verschiedenste Religionen und Konfessionen, Nationen, Altersgruppen, Vereine, Organisationen, Kommunen und Ortsteile verbunden sind. Rita Witt: „Der geplante Standort war ja früher ein jüdisches Viertel, das passt sehr gut.“ Cremer lobte die gelungene Farbzusammenstellung, bei der sich Hermes auf eigene Mischungen aus Farbpigmenten verlässt: „Dadurch wirkt das Ganze sehr harmonisch und trotz der Vielfalt keinesfalls kitschig.“ Bei jedem einzelnen Stein gebe es etwas zu entdecken.
Alles ist echte Handarbeit beim Obelisken von Peter Hermes, auch den farbigen Beton erstellt der Oberwichtericher mit Pigmenten selbst. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Der Künstler, der früher seine Brötchen als Bauunternehmer verdiente, zeigte seinen Besuchern noch eine besondere Eigenschaft der Steine. Die Farben sind nicht etwa aufgemalt, sondern bestehen aus zentimeterdickem, farbigen Beton. „Wenn die Steine nass werden, kommen die Farben erst richtig zur Geltung, wie bei einem Kiesel im Fluss – wenn es regnet, leuchten die Farben also besonders und können den Passanten Freude schenken“, sprach der Oberwichtericher, griff zur Gießkanne und bewies mit einem kalten Guss seine Worte.
Hartmut Cremer (v.l.), KSK-Vorstandsmitglied, lässt sich von Peter Hermes die Leuchtkraft der nassen Betonsteine demonstrieren, von der auch Rita Witt, Direktorin des KSK-Vorstandsstabes, begeistert ist. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Zu jedem einzelnen Stein kann Hermes eine Anekdote erzählen, etwa von den Steinen, die Schüler der benachbarten Förderschule mit ihm zusammen gestaltet haben, oder über einen Stein, für den er mit all seinen Materialien in ein Seniorenheim gefahren ist, um mit sechs Männern im Rollstuhl eine bleibende Erinnerung zu schaffen, die in dem hochfesten Material Jahrhunderte überdauern kann.
Seit zwei Jahren arbeitet Hermes schon an den Einzelteilen der Stele. „Die großen Steine kann ich quasi überall einbauen, aber die Rand- und Ecksteine müssen exakt geplant werden“, berichtet Hermes. Er spannt in dem Monolithen einen Bogen von der Steinzeit bis zur Moderne, baut Steine, Kristalle, Muscheln, einen original römischen Dachziegel, Karnevalsorden, Steckdose und Digitalkamera, eine Sandrose, Spiegel, einen Spielzeugtraktor und vieles mehr in das Kunstwerk ein. Zahlreiche Bürger sind an und in dem Kunstwerk beteiligt, so Hermes: „Das ist ein echtes Bürgerkunstwerk.“
Dem Betrachter bieten sich eine Vielzahl von Themen und Symbolen in den Einzelsteinen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Geld verdienen will er damit nicht, lediglich die Materialien lässt er sich sponsern. „Eine Dose mancher Farbpigmente kostet 75 Euro“, so der 73-Jährige. Auf einen Teil Zement kommt ein Teil Sand, um einen besonders harten und langlebigen Beton zu erhalten. Dabei nutzt er verschiedene Baustoffe wie extrem feinen Quarzsand und schneeweißen Zement. „Ich musste viel ausprobieren, aber ich habe viel Spaß daran“, sagte der „Unruheständler“. Er sei durch das Projekt mit vielen interessanten Menschen in Kontakt gekommen, vom libanesischen Händler über Politiker bis zu Förderschülern. Hermes: „Jeder Stein hat seine Geschichte.“