„Kuriose Liebesgeschichten“ in der Konviktkapelle

Bad Münstereifel wurde zum Schauplatz einer von klassischer Musik begleiteten Lesung mit Hannelore Hoger, vielen als Fernseh-Kommissarin „Bella Block“ bekannt – Sonderveranstaltung im Rahmen der „WallgrabenKonzerte“ wurde durch Unterstützung der Kreissparkasse Euskirchen ermöglicht

Bad Münstereifel – Wie aus einem Champagnerglas perlend lösen sich die einst von Beethoven geschriebenen Töne in der Konviktkapelle Bad Münstereifel vom schwarzglänzenden Flügel, dessen Tasten die Pianistin Nina Tichman nur zu streicheln scheint. Sie scheint dabei ganz in ihrer eigenen Gefühlswelt versunken zu sein, ihre Lippen bewegen sich zu ihrem brillanten Spiel, als wolle sie die Seiten ihres Pianos beschwören, noch strahlender zu klingen. Kaum sind die letzten Töne von Beethovens „Bagatelle“ verklungen, da wendet sie sich lächelnd den Zuhörern zu: Das Publikum bricht die aufmerksame Stille in der voll besetzten Kapelle mit kräftigem Applaus, um die mit zahlreichen Preisen überhäufte Pianistin und Professorin der Musikhochschule Köln zu würdigen und gleichzeitig die nächste große Künstlerin auf die Bühne zu bitten: Mit Blicken und Lächeln ruft Tichmann Hannelore Hoger an den Lesetisch direkt neben dem Flügel.

Immer wieder nahm Hannelore Hoger mit Blicken Kontakt zu dem Publikum des Bad Münstereifeler Wallgraben-Konzerts auf. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

 

Hoger, vielen als Kommissarin „Bella Block“ aus dem Fernsehen bekannt, nimmt sich Zeit, sich bequem zu setzen. „Ich bin die Prinzessin auf der Erbse“, kommentiert sie, um die Zuhörer kurz danach gekonnt in die Lebenswelten von Männern und Frauen in besonderen Situationen zu geleiten: „Kuriose Liebesgeschichten“ lautet der Name des Sonderkonzerts mit Lesung am vergangenen Samstagabend, das eines der Höhepunkte der diesjährigen „WallgrabenKonzerte“ darstellen dürfte.

Die aus den USA stammende Pianistin Nina Tichman schien ihr Instrument beschwören zu wollen, um ihm noch brillantere Töne zu entlocken. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

 

Ganz Schauspielerin ist Hannelore Hoger bei ihrem Vortrag, aber keine, die nur etwas vorspielt, sondern die wirklich fühlt, was sie da von Autorinnen und Autoren wie Robert Walser, Tania Blixen oder Kurt Tucholsky liest. Wenn sich etwa die Ehefrau in dem Text „Die Flucht“ von Clarice Lispector aus ihrer zu eng und zu gefühllos gewordenen Ehe davonträumt und befreit lacht, lacht auch Hoger. Wenn sie aufseufzt, so entströmt auch ihr nicht nur der Text, sondern auch der passende Klagelaut. Ohne Pathos, aber mit viel Gefühl und Gespür für den Kirchenhall in der Konviktkapelle weiß die Grimme-Preisträgerin und Theaterregisseurin ihrem Publikum Raum zu geben für eigene Gedanken: Zahlreiche Zuhörer schließen während ihrer getragenen Worte die Augen, lassen sich mitnehmen auf „Die Flucht“, an deren Ende die Ehefrau auch im zwölften Jahr ihrer Partnerschaft wieder an der Seite ihres Partners strandet und den obligatorischen Kuss auf die Wange empfängt, um einem weiteren Alltag entgegenzuschlafen.

Sorgten mit „Kuriose Liebesgeschichten“ für ein eindrucksvolles Sonderkonzert in der Konviktkapelle: Paul Georg Neft (v.l.), 2. Vorsitzender „Konzerte am Wallgraben“, Rita Witt, KSK-Direktorin des Vorstandsstabes, Vera von Schnitzler, Vorsitzende „Konzerte am Wallgraben“, und Udo Becker, KSK-Vorstandsvorsitzender. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

 

In ihrer Begrüßung sagte Professorin Vera von Schnitzler, Vorsitzende des Veranstalters „Konzerte am Wallgraben“: „Ich freue mich, dass wir in diesem Sonderkonzert neben der Musik Literatur in die Wallgraben-Konzerte einbinden können.“ Besonders bedankte sie sich bei der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), die nicht nur mit ihrer finanziellen Unterstützung das Sonderkonzert ermöglicht hatte, sondern auch persönlich Flagge für Kultur zeigte: Sowohl Udo Becker, Vorstandsvorsitzender der KSK, wie auch Rita Witt, KSK-Direktorin des Vorstandsstabes, überzeugten sich an dem Abend vom hohen kulturellen Wert der Veranstaltung.

Sorgten für ein kulturelles Hocherlebnis in Bad Münstereifel: Pianistin Nina Tichmann und Schauspielerin Hannelore Hoger. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

 

Becker begeisterte sich auch für das Konzept: „Die Idee, die Texte mit der klassischen Musik zu verbinden, geht wunderbar auf.“ Rita Witt lobte neben der ebenso künstlerisch hochwertigen wie emotional überzeugenden Darstellung: „Hannelore Hoger sucht direkten Kontakt mit dem Publikum und bezieht es ein.“

Auch Michael Mombauer, Lehrer am St. Michael-Gymnasium, genoss den Abend sowie die Auswahl der Texte, die das Leben in verschiedensten Facetten von Höhen bis Zwängen zeigte. Rita Witt: „Die Bandbreite reichte von dramatisch sowie humorvoll über den schon fast krimihaften »Der Ring« bis zum augenzwinkernden »Das Lottchen« von Kurt Tucholsky.“ Damit sei ein abwechslungsreicher Bogen gespannt worden, den das Publikum mit lang anhaltendem, begeistertem Applaus honorierte.

Eifeler Presse Agentur/epa

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