Ellen Behrenbeck ist „Frau des Jahres 2018“
Der Margaretha-Linnery-Preis ging in diesem Jahr an eine engagierte Familienhebamme, die für ihren Berufsstand mehr „Wertschätzung, Anerkennung und Respekt“ fordert
Euskirchen – Der alljährlich vom Arbeitskreis Frauen im Kreis Euskirchen verliehene Margaretha-Linnery-Preis ging am Freitagabend an Ellen Behrenbeck. Die „Frau des Jahres 2018“ ist Hebamme und damit Vertreterin eines Berufs, der zwar zu den wichtigsten Berufen überhaupt zählt, deren Ausübenden aber Jahr um Jahr mehr Steine in den Weg gelegt werden, so dass bereits viele Hebammen enttäuscht, frustriert und vor allem völlig überarbeitet ihre Arbeit niedergelegt haben.
Auch Caritasvorstand Martin Jost hatte es sich nicht nehmen lassen, seiner Mitarbeiterin mit einem Blumenstrauß zu gratulieren. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Der stellvertretende Landrat und Kuratoriumsvorsitzende der Bürgerstiftung der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), Markus Ramers, erinnerte bei seinem Grußwort im Alten Rathaus daran, dass erst vor 100 Jahren etwas so Selbstverständliches wie das Frauenwahlrecht eingeführt worden sei. Die Politik sei durch die Beteiligung der Frauen besser geworden, sagte Ramers. Dennoch müsse man konstatieren, dass der Frauenanteil im Bundestag derzeit wieder zurückgehe und auch im Kreistag das Verhältnis von 11 Frauen zu 46 Männern alles andere als vernünftig sei. Ramers sprach sich daher vehement für eine Quotenregelung aus, da Apelle bislang nicht viel bewirkten.
Die schlechte Bezahlung für Arbeiten im sozialen Bereich nannte Ramers eine „himmelschreiende Unverschämtheit“ und fügte hinzu: „Wenn mehr Männer im sozialen Bereich arbeiten würden, dann wäre die Bezahlung mit Sicherheit besser.“
Wie wichtig der Dienst einer Hebamme sei, habe der junge Familienvater erst vor einiger Zeit selbst erfahren. Seither sei er davon überzeugt, dass einer der ältesten und wichtigsten Berufe auch eine Zukunft haben müsse.
Ellen Behrenbeck (Mitte mit Bild) erhielt als 14. Frau den Margaretha-Linnery-Preis. Brigitte Siegel (v.r.), Preisträgerin 2016, Horst Belter, Rita Witt und Markus Ramers hielten die Grußworte, Barbara Brieden moderierte den Abend, Anne Buschkamp hielt die Laudatio und Claudia und Jörg Winter sorgten für die musikalischen Beiträge. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Horst Belter, der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Euskirchen, berichtete von seinen eigenen, recht schockierenden Erfahrungen bei der Geburt seiner beiden Kinder im Krankenhaus, von der Zangengeburt seines Sohnes und der eingeleiteten Geburt seiner Tochter in einem Kreißsaal, in dem das Chaos tobte. Eine Familienhebamme, die sich vor, während und nach der Geburt um alles gekümmert hätte, hätte er gern an seiner Seite gewusst und nannte es daher eine sehr gute Entscheidung, Ellen Behrenbeck zur „Frau des Jahres“ zu wählen.
Die Direktorin des KSK-Vorstandsstabs, Rita Witt (Mitte), überreichte der Preisträgerin gemeinsam mit Markus Ramers, dem Kuratoriumsvorsitzenden der KSK-Bürgerstiftung, eine Motivtorte. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Die Direktorin des KSK-Vorstandsstabs und Vorstandsvorsitzende beider KSK-Stiftungen, Rita Witt, besaß eine ganz besondere Verbindung zur Preisträgerin. Sie durfte sich nämlich glücklich schätzen, bei der Geburt ihres Kindes Ellen Behrenbeck an ihrer Seite gehabt zu haben. „Ein Kind zu bekommen, ist eine tiefgreifende Erfahrung, die das Leben von Grund auf verändert“, so Rita Witt. Eine Betreuung durch eine sowohl sozial als auch medizinisch kompetente Frau, die das Wechselbad der Gefühle einer werdenden Mutter besser verstehen könne als ein Mann, sei daher unverzichtbar. „Der Zuspruch, den nur eine Hebamme einem vermitteln kann, und die positive Grundstimmung, die sie verbreitet, sind für eine werdende Mutter enorm wichtig“, betonte Witt.
Für die Gestaltung der Motivtorte hatte Rita Witt erneut einen talentierten Euskirchener Bäcker gefunden. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Anschließend hielt Anne Buschkamp eine Laudatio auf die Preisträgerin. Ellen Behrenbeck, selbst Mutter dreier, heute bereits erwachsener Kinder, sei eine kritische, politische und vorurteilsfreie Frau, die den Beruf der Hebamme seit nunmehr 32 Jahren ausübe. Im Jahr 2000 habe sie mit zwei Kolleginnen eine Hebammenpraxis in Euskirchen eröffnet. 2008 dann sei sie als Familienhebamme bei der Caritas Euskirchen eingestiegen. „Das Berufsbild steckte damals noch in den Kinderschuhen“, so Buschkamp, so dass Behrenbeck es quasi mit entwickelt habe. Bei der Caritas betreue Behrenbeck primär „Frauen mit Schicksal“, dazu zählten psychisch erkrankte Frauen, Frauen mit Migrationshintergrund sowie drogensüchtige und arbeitslose Frauen. Die Arbeit sei nicht immer leicht, aber Ellen Behrenbeck meistere sie mit viel Engagement und einer ansteckenden Begeisterung.
Die Preisträgerin selbst zeigte sich bescheiden. „Ich möchte den Preis für alle Hebammen annehmen, denn unser Beruf ist derzeit nicht einfach“, sagte sie. Die freiberuflichen Hebammen seien aufgrund der ständig steigenden Haftpflichtversicherungen mit hohen Kosten und komplizierten Rahmenbedingungen konfrontiert, die ihre Freiheiten immer weiter einschränkten. Auch würden die Anfahrtswege zu den Kliniken immer länger, da immer mehr Kliniken ihre Geburtshilfeabteilungen schlössen. Die Art und Weise, wie Kinder heute das Licht der Welt erblickten, sei nicht immer positiv. Die notwendige liebevolle Zuwendung werde durch die eng gestalteten Rahmenbedingungen mehr und mehr zunichte gemacht.
„Viele meiner Kolleginnen geben daher auf, und wir sind jetzt schon zu wenige, um uns um alle Familien kümmern zu können“, so Behrenbeck. Vor allem die Familien, die einen besonderen Hilfebedarf hätten, blieben oft auf der Strecke. Ellen Behrenbeck mahnte daher dringend neue Rahmenbedingungen für den Beruf der Hebamme an. Die Gewinnoptimierung dürfe beim Beruf der Hebamme keine Rolle spielen, schon gar nicht in einem so reichen Land wie Deutschland. Behrenbeck forderte daher für ihren Berufszweig mehr „Wertschätzung, Anerkennung und Respekt.“
Jörg und Claudia Winter, beide beruflich bei der KSK tätig, sorgten für entspannende Klänge auf der Hang. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Zumindest am Freitagabend war der weit über ihren Berufsalltag engagierten Frau Anerkennung, Wertschätzung und Respekt aber gewiss. Die Anwesenden erhoben sich ihr zu Ehren zu einer Standing-Ovation, und die KSK hatte darüber hinaus nicht nur erneut für die ansprechende Feier und den anschließenden Imbiss gesorgt, sondern auch zwei Mitarbeiter für den musikalischen Rahmen ins Rennen geschickt. So verwöhnte das Duo „Ananda KlangGestalten“, bestehend aus Jörg und Claudia Winter, die Gäste mit leisen Tönen auf der Hang, die ohne Frage auch in jedem Geburtsvorbereitungskursus für eine entspannende Atmosphäre gesorgt hätten, und genau so ungewöhnlich waren wie die Preisträgerin selbst.
Und auch der eigentliche Preis war ungewöhnlich. Er bestand in diesem Jahr aus einer Tuschezeichnung, angefertigt von Künstlerin Ricarda Büttgen. Für die kurzweilige und versierte Moderation sorgte Barbara Brieden.