Konfliktlösungen an der Schule: „Training für Freundschaft“
„Gewaltfrei lernen“ an der Gemeinschaftsgrundschule Nordstadt wirkt sich auch außerhalb der Schule positiv aus – „Nachhaltigkeit wichtig“ – Kreissparkasse Euskirchen unterstützt das Projekt seit Jahren finanziell
Euskirchen – „Mein Körper ist das Wichtigste für mich, wertvoller als ein Auto oder Haus. Nur ich entscheide, wer ihn berühren darf.“ Was Trainer Örs Turoczy von „Gewaltfrei lernen“ den Erstklässlern an der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Nordstadt vermittelt, soll die Kinder stark machen – in Worten und Taten. „Sie lernen, mit Konflikten besser umzugehen und einen Streit durch ihr Verhalten kleiner statt größer zu machen“, so Turoczy. Aber nicht nur Situationen, die schnell zu echter Gewalt führen könnten, werden in Rollenspielen und Partnerübungen nachgespielt und konstruktiv gelöst. Auch das sinnvolle Verhalten in alltäglichen Begebenheiten wie einem versehentlichen Rempeln wird thematisiert – „Entschuldigung, ich habe dich nicht gesehen“, wird den Heranwachsenden als angemessene Reaktion vorgeschlagen.
Mit großem Erfolg für das tägliche Miteinander, wie Kathy Niemann, Konrektorin der GGS Nordstadt, jetzt beim Pressetermin berichtete: „Wir hatten direkt einen Tag nach dem Training die Situation, dass mich ein Schüler mit dem Ranzen erwischt hat. Er hat sich sofort mit den beim Training gelernten Worten entschuldigt.“ Aber auch für „echte“ Konfliktsituationen, die schnell in körperliche oder psychische Gewalt umschlagen können, werden die Schülerinnen und Schüler fit gemacht für deeskalatives Verhalten. Wenn das nicht fruchtet, lernen die Kinder, sofort Hilfe zu holen.
Mit dem mürrischen Drachen „Drago“ zeigt Trainer Örs Turoczy, wie man konstruktiv mit Beleidigungen umgeht. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Mithilfe des Stofftiers Drago wird den Kinder vermittelt, wie man ruhig auch bei Beleidigungen reagieren kann. „Verletzungen im Herzen sind häufig noch schlimmer als Verletzungen am Körper, denn die brauchen oft viel länger um zu heilen“, sagte Turoczy zu den Kindern. Was er zwischen den Grundschülern bewirken will, macht er schon in den ersten Sätzen des Trainings deutlich: „Ich bin Trainer für »Gewaltfrei lernen«, aber eigentlich bin ich Trainer für Freundschaft!“
Kathy Niemann „Wir bieten mit dem Training nur einen kleinen Beitrag, die Welt zu verändern. Aber wenn wir unsere 364 Schülerinnen und Schüler auf die Spur bringen, mit Konflikten besser umzugehen, dann tragen wir etwas zu einer friedlicheren Welt bei.“ Dass dies tatsächlich auch in der Praxis funktioniert, bestätigte Hibbo Tammena, Vater einer GGS-Schülerin und Vorsitzender des Fördervereins der Schule: „Meine Tochter hat die Ansätze des Trainings auch nach außen getragen – und gibt die Verhaltensweise weiter.“ Zudem würden die Kinder die Spiele in den Trainings begeistert aufnehmen und so mit Spaß lernen. Dadurch seien sie auf Konflikte besser vorbereitet und hätten bessere Verhaltensmöglichkeiten, mit Konfliktsituationen umzugehen.
Mit Partnerübungen und Spielen lernen die Kinder, wie man konstruktiv miteinander umgeht, Beleidigungen an sich abperlen lässt und sich im Notfall Hilfe holt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Da es in den Trainings auch die „Partnerwechselregel“ gebe, durch die immer wieder mit einem anderen Kind in einer Zweiergruppe zusammengearbeitet wird, lernen sich die Schüler und Schülerinnen untereinander besser kennen, wodurch auch die Klassen- und sogar Schulgemeinschaft gestärkt würde.
Sind begeistert und überzeugt von den Trainingseinheiten zu „Gewaltfrei lernen“: Kathy Niemann, Konrektorin GGS Nordstadt, und Hibbo Tammena, Fördervereinsvorsitzender. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
„Wichtig ist aber die Nachhaltigkeit – ein einmaliges Training reicht nicht aus“, so Tammena. Kathy Niemann dazu: „Deshalb werden nicht nur alle ersten Klassen geschult, sondern es werden auch Nachschulungen in den Klassen zwei, drei und vier ermöglicht.“ Das gesamte Kollegium ist ebenfalls geschult, das Ganze ist mit den Schulregeln verzahnt, die gerade erst noch einmal angepasst und vereinfacht wurden, um noch mehr Klarheit in Konfliktsituationen zu schaffen.
Der finanzielle Aufwand dafür ist für die Schule nicht zu stemmen, so dass der Förderverein froh über die Unterstützung der Kreissparkasse Euskirchen (KSK) ist, so der Fördervereinsvorsitzende: „Das ist sehr wichtig für uns. Ohne diese Unterstützung könnten wir das nicht bieten. Kleinere Anschaffungen finanzieren wir über Mitgliedsbeiträge oder Verkauf von Kaffee und Kuchen etwa beim Tag der Offenen Tür, aber ohne Spenden sind größere Aktionen, wie unser Zirkusprojekt oder eben das »Gewaltfrei lernen«, nicht umsetzbar.“ Tammena schaute sich ein aktuelles Training an und meinte danach: „Das ist einfach gut. Da sieht man, dass das Geld gut angelegt ist!“