KSK Euskirchen hat jetzt einen eigenen Agrarkundenberater

KSK Euskirchen hat jetzt einen eigenen Agrarkundenberater

KSK Euskirchen und Kreisbauernschaft Euskirchen luden zum 3. Tag der Landwirtschaft ins Holzkompetenzzentrum Rheinland nach Nettersheim ein – KSK-Vorstandsmitglied Holger Glück stellte mit Marco Knips neuen Experten für landwirtschaftliche Belange vor.

 

Nettersheim – Landwirte sind Unternehmer mit einem nicht kalkulierbaren Produktionsrisiko. Das hat das Jahr 2018 sehr deutlich werden lassen. Glaubte mancher im Frühsommer noch eine Rekordernte einzufahren, sah er sich wenige Wochen darauf nach einer anhaltenden Dürre um die Früchte seiner Arbeit gebracht. Das finanzielle Auf und Ab der Landwirte, das nicht nur von Naturkatastrophen, sondern auch von wechselnden Marktpreisen beherrscht wird, bedarf aber nicht nur des Verständnisses, sondern auch aktiver Unterstützung. Die Kreissparkasse Euskirchen (KSK) versucht seit Jahren im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Landwirte auch mit jenen wichtigen Informationen zu versorgen, die sie für ihren ebenso alltäglichen wie ungewöhnlichen Beruf dringend benötigen.

KSK-Vorstandsmitglied Holger Glück freute sich zum „Tag der Landwirtschaft“ darüber, 70 Landwirte aus dem gesamten Kreis Euskirchen in Nettersheim begrüßen zu dürfen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Bereits zum dritten Mal wurde daher jetzt gemeinsam mit der Kreisbauernschaft Euskirchen zum „Tag der Landwirtschaft“ eingeladen. An die 70 Landwirte kamen ins Holzkompetenzzentrum Rheinland nach Nettersheim, um sich diesmal vor allem über die Themen „Pflege“ und „Agrarwissenschaft der Zukunft“ zu informieren. KSK-Vorstandsmitglied Holger Glück freute sich bei seiner Begrüßungsansprache über das rege Interesse und betonte: „Landwirtschaft liegt uns sehr am Herzen, auch wenn wir keine Genossenschaft sind.“ Neben den regelmäßigen Informationsveranstaltungen und den von der KSK organisierten Fahrten zur „Agritechnica“, der weltgrößten agrartechnischen Fachmesse in Hannover, habe man auch die qualifizierte Fachberatung für Landwirte weiter ausgebaut. „Ich freue mich, Ihnen mit Marco Knips unseren neuen Agrarkundenberater vorstellen zu dürfen“, so Glück. Knips sei der Mann, wenn es um Investitionsplanung, Jahresabschlüsse oder Unternehmensnachfolge in der Landwirtschaft gehe. Er hospitiere darüber hinaus in der Landwirtschaftsschule und bei einem Agrarspezialistenteam der Nord LB.

Informierten über Themen, die Landwirte interessieren: KSK-Agrarkundeberater Marco Knips (v.l.), Martin Baranzke, Leiter S-GewerbekundenCenter, Rechtsanwalt Paul-Heinz Müller, Hans-Josef Schorn, Vorsitzender Kreisbauernschaft Euskirchen, Holger Glück, KSK-Vorstandsmitglied, und Torsten Vallas, Vertriebsbeauftragter Union Krankenversicherung. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Knips selber berichtete, dass er auf einem Dorf groß geworden sei und sich bereits seit früher Kindheit für die Landwirtschaft interessiert habe. „Landmaschinen und Schlepper waren immer das Größte für mich“, berichtete er. Zehn Jahre lang sei er in Mechernich Gewerbekundenbetreuer gewesen, dann habe der Vorstand sein besonderes Faible für die Beratung von Landwirten entdeckt.

Hans-Josef Schorn, der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Euskirchen, appellierte an die Öffentlichkeit, die Region noch mehr in den Fokus des täglichen Handelns zu setzen. „Warum muss die Butter aus Irland kommen, das Steak aus Argentinien?“ Auch sei es besser, mit der Bank vor Ort Geschäfte zu machen, da man dort Leuten mit Gesichtern gegenübersitze. Sodann hielt Schorn einen Rückblick auf das schwierige Jahr 2018 und forderte für die Zukunft dringend eine Risikoausgleichsrücklage oder Versicherungslösung. Jungen Leuten, die angesichts einer oft negativen Berichterstattung bezüglich der Landwirtschaft in den Medien verunsichert darüber seien, ob dieser Beruf überhaupt noch langfristig Perspektiven aufweise, rief er zu: „Landwirtschaft hat immer eine Zukunft!“

Hans-Josef Schorn, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Euskirchen, forderte auf, den Fokus noch mehr auf die Region zu legen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Martin Baranzke, Leiter S-GewerbekundenCenter, moderierte die anschließende Vortragsrunde und konnte einige hochkarätige Fachleute ans Rednerpult bitten. Mit einem Parforce-Ritt durch das Pflegerecht versuchte zunächst Rechtsanwalt Paul-Heinz Müller, den rechtlichen Hintergrund zum Thema „Elternunterhalt für Landwirte“ zu erhellen. Die Ansprüche auf Unterhaltsleistung würden oft durch einen einfachen Hofübergabevertrag festgesetzt. Hier mahnte Müller, dass noch bis in die 1970er Jahre die Formulierung „Der Hofübernehmer gewährt dem Hofübergeber Hege und Pflege in alten und kranken Tagen“ üblich gewesen sei. Eine solche Formulierung habe den „vollständigen Zugriff des Sozialamts“ zur Folge. Nach der Pflegereform 2017 müsse der Passus dahingehend geändert werden, dass die Pflegeverpflichtung begrenzt sei auf eine Pflege bis zum Pflegegrad 2. Auch müsse vermerkt werden, dass das Pflegerecht ruhe, sobald der zu Pflegende aufgrund ärztlicher Anordnung außerhalb des Hofes beispielsweise in einem Alten- oder Pflegeheim gepflegt werden müsse.

Rechtsanwalt Paul-Heinz Müller informierte über die rechtlichen Fallstricke des Elternunterhalts. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Darüber hinaus klärte Müller über die Rangfolge der Unterhaltsverpflichteten auf, darüber, ab wann eigenes Vermögen verwertet werden muss, über die Tücken bei Rückforderung und Widerruf von Schenkungen, über den angemessenen „Selbstbehalt“ bis hin zur verdeckten „Schwiegerkinderhaftung“. Dabei machte er in seinem Vortrag vor allem eines deutlich, nämlich dass man so etwas Komplexes wie einen Hofübergabevertrag nicht ohne einen Fachanwalt aufsetzen sollte. Die rechtlichen Folgen könnten für den unbedarften Landwirt verheerend sein.

Torsten Vallas, Vertriebsbeauftragter Union Krankenversicherung, referierte über die finanzielle Absicherung im Pflegefall. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Thorsten Vallas, Vertriebsbeauftragter bei der Union Krankenversicherung, informierte über die Vorteile des neuen Pflegegesetzes, von denen besonders Demenzkranke profitierten, stellte das neue Begutachtungs-Assessment vor sowie die Leistungen der Pflegeversicherungen seit 2017. Dabei warb er vor allem für die staatlich geförderte private Pflegevorsorge. Denn die Pflegepflicht reiche oft nicht aus. „Für die nächsten drei bis fünf Jahre fehlen 300.000 Menschen in der Pflege“, mahnte Vallas, „um diesen Mangel zu beseitigen, müsste jeder dritte Schulabgänger einen Pflegeberuf ergreifen. Für wie wahrscheinlich halten Sie das?“ Nur eine auf den Einzelnen abgestimmte Produktlösung könne daher auch im Pflegefall die finanzielle Freiheit schaffen, sein Alltagsleben auch weiterhin selbstbestimmt zu gestalten.

Dr. Bernd Lüttgens, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des  Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, gab einen Ausblick in die Landwirtschaft von morgen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

 

 

Dr. Bernd Lüttgens, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, warf abschließend einen Blick in die Agrarwissenschaft der Zukunft und sah den Landwirt irgendwo zwischen Bauernmarkt und Casino Royale. „Dabei dürfte das Risiko im Casino auf Schwarz oder Rot zu setzen sogar noch kleiner sein als das Produktionsrisiko eines Landwirts“, so Lüttgens. Er versuchte zunächst, einige verzerrte Wahrnehmungen wieder zurechtzurücken. Den Vorwurf beispielsweise, dass man aufgrund der EU-Exporterstattung unfaire Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt schaffe, konnte Lüttgens entkräften, indem er darauf hinwies, dass diese Erstattungen längst ausgelaufen seien: „Aus dieser Tretmühle sind wir raus, wir verzerren den Markt also nicht mehr.“

Auch dem derzeitigen Medienhype einer kommenden „veganen Welt“ entzog Lüttgens den realen Boden, indem er auf die Statistik verwies, die besagt, dass der Fleischabsatz in Wahrheit weltweit weiterhin steige, wenngleich er in der EU auch von durchschnittlich 70 Kilogramm Fleisch pro Kopf in 2014 auf 68 Kilogramm in 2017 gefallen sei.

Den hohen Export von deutschem Schweinefleisch nach China (359.000 Tonnen in 2017) begründete Lüttgens vor allem mit den modernen Essgewohnheiten der Deutschen. „Die Verbraucher wollen nur noch Filet, Kottelet und Schinken. Der Rest des Schweins wird verschmäht und geht nach China. Das ist nicht nachhaltig.“

Auch in Sachen Bio-Produkte sparte Lüttgens nicht mit Kritik. Seiner Meinung nach seien die Biopreise nicht hoch genug: „Die Bioprämie verfrühstückt der Markt, der Verbraucher hat in Deutschland nicht die Bereitschaft, das zu bezahlen, was nötig wäre.“ Die Deutschen seien ein Volk von Sparfüchsen.

„Casino Royale“ spielten auch in Zukunft vor allem die Milchbauern. Die extremen Schwankungen bei den Milcherzeugerpreisen seien nicht kontrollierbar. „Hier müssen Kapitalstöcke angelegt und steuerfreie Rückstellungen möglich gemacht werden“, so Lüttgens. Ohne Steuerungsmittel und Risikomanagement sei das Milchgeschäft für die Bauern kaum noch zu stemmen. „Das können Unternehmen allein nicht mehr leisten, hier brauchen wir Partner, die uns zur Seite stehen“, betonte Lüttgens, der sich abschließend bei der KSK für ihr Engagement in Sachen Landwirtschaft bedankte und hoffte, dass man diese Freundschaft auch weiterhin pflegen werde.  

Eifeler Presse Agentur/epa