Dem Bankräuber flogen die falschen Zähne aus dem Gesicht
Im Rahmen des Krimifestivals „Nordeifel Mordeifel“ lasen die Autoren Elke Pistor, Sabine Trinkaus und Ralf Kramp im S-Forum der KSK Euskirchen – Erlös des Abends geht an die St.-Nikolaus-Schule in Kall
Euskirchen – Knapp 100 Besucher und ein Skelett fanden sich am Samstagabend im S-Forum der Kreissparkasse Euskirchen (KSK) ein, um bei der Abschlussveranstaltung der diesjährigen Krimireihe „Nordeifel Mordeifel“ dabei zu sein. Unter dem Titel „Geld her! Banküberfall!“ erlebten die Besucherinnen und Besucher, die das Glück gehabt hatten, eine der aufgrund der Coronaschutz-Verordnung nur in begrenzter Anzahl erhältlichen Eintrittskarten zu ergattern, einen amüsanten Abend mit den Krimiautoren Elke Pistor, Sabine Trinkaus und Ralf Kramp. Insgesamt waren in diesem Jahr über 900 Tickets für 17 Veranstaltungen verkauft worden, bei denen 16 Krimiautoren auftraten.
„Gerade in schwierigen Zeiten hat das Festival alldenjenigen ein wenig Abwechslung geboten, die danach suchten“, so Landrat und Schirmherr Markus Ramers in seinem Grußwort. Ramers kündete an, dass man bereits für 2022 das nächste Festival plane, und er bedankte sich bei dem Veranstaltungsteam, das „tolle Arbeit“ geleistet habe, sowie vor allem bei den Sponsoren, die das Krimifestival ermöglicht hatten. Hier allen voran die beiden Stiftungen der Kreissparkasse Euskirchen sowie die e-regio. Die KSK stellte darüber hinaus erneut das S-Forum für einen großen Benefizabend zur Verfügung. Veranstaltet worden war das Literaturfestival von der Nordeifel Tourismus GmbH unter der Leitung von Iris Poth sowie vom Förderverein Eifelmuseum Blankenheim und dem ersten Vorsitzenden Johannes Mertens.
„Lange bevor die Flutkatstrophe so verheerend im Kreis Euskirchen gewütet hat, wurde vom Vorstand beschlossen, den Erlös des Abends dem Förderverein der St.-Nikolaus-Schule in Kall zugutekommen zu lassen“, berichtete Martin Baranzke, der an diesem Abend den Vorstand der KSK vertrat. Da auch die Nikolaus-Schule durch die Wassermassen schwer beschädigt worden sei und es vielerlei Projekte bedürfe, um den Kindern dort wieder Mut und Vertrauen zu vermitteln und um zu verstehen, was in dieser Unglücksnacht des 14. Juli passiert sei, werde das Geld dort jetzt wohl noch dringender benötigt als zuvor, so Baranzke. Das Publikum quittierte diese Aussage mit spontanem Applaus und signalisierte damit deutlich seine Zustimmung.
Moderiert wurde der Abend von Norbert Jeub, dem Chefredakteur von Radio Euskirchen, der die Krimiautoren zwischendurch immer wieder streng verhörte, um etwas über ihre Arbeitsweise oder ihre Schwächen ans Tageslicht zu bringen. Musikalisch unterstützt wurde die Veranstaltung von der sechsköpfigen Jazz-Rock-Pop-Band des Landespolizeiorchesters NRW unter der Leitung von Hans Steinmeier. Deren musikalische Qualität brachte Martin Baranzke so auf den Punkt: „Die Damen und Herren in Blau sind hochspezialisierte »Profiler«, die jedem noch so kleinen Notenfragment zwischen dem schusslastigen Kriminal-Tango und der mörderischen Akkordik einer alten „Shaft“-Nummer aus den frühen Siebzigern akribisch nachgehen.“ Und so war es auch. Der Abend startete mit dem altbekannten „Tatort“-Klassiker samt furiosem Trompeten-Solo und hielt für Krimifans zahlreiche Titelmusiken von „Magnum“ über den „Paten“ bis zu „Schirm, Charme und Melone“ bereit. Wobei der musikalische Einfallsreichtum der Musiker oft weit über die Originaltitel hinausging.
Offensichtlich hatten die Autoren an diesem Abend ein Gespür dafür, dass die Gäste, von denen bestimmt einige in den vergangenen Wochen und Monaten nicht allzu viel zu lachen gehabt hatten, keine düsteren Mord- und Totschlaggeschichten hören wollten, sondern eher etwas Komisches. Alle drei Schriftsteller konnten damit reichlich dienen. So erzählte Elke Pistor von Rüdiger Metzger, der als René Boucher von einer großen Karriere in Hollywood träumt und dessen „Debüt“ ein Banküberfall werden soll, weil er zum einen Geld für Amerika benötigt und zum anderen von seinen schauspielerischen Fähigkeiten überzeugen möchte. Doch beim Banküberfall läuft alles schief, der eingelernte französische Akzent gerät immer wieder in Vergessenheit, die Perücke verrutscht, die falschen Zähne fliegen raus, eine Allergie führt zur Niesattacke und am Ende muss der Gentleman-Täter ohne Beute fliehen und kann sich noch nicht einmal mehr daran erinnern, wo er sein Fluchtauto abgestellt hat. Also nimmt er den Bus.
Ähnlich schräg ging es auch bei einer Chorprobe im Sauerland zu, von der Sabine Trinkaus berichtete. Der neue Chorleiter Dr. Severin hat mitten in der Herberge im Wald, in der man zuweilen die Wölfe heulen hört, nichts Besseres zu tun, als mit den angejahrten Damen von St. Cäcilia und Berta tatsächlich zu proben, statt aus der Probe, wie bislang, ein feucht-fröhliches Freizeitvergnügen zu machen. Als er den Chor einen Haufen „disziplinloser Tattergreise“ nennt, ist die oberste Eskalationsstufe erreicht und der neue Chorleiter wird von den Damen in den Wald hinausgejagt, wo die Wölfe bereits auf ihn warten.
Der Altmeister des schwarzen Humors, Ralf Kramp, setzte noch eins drauf und ließ Gäste in einem Gasthaus eine fade Suppe auslöffeln, wobei man sich an allerhand merk- und denkwürdige Todesfälle erinnerte, die Kramp wie ein düster-komisches Feuerwerk abbrennen ließ. Dazu hatte er noch einige Balladen und Gedichte im Gepäck, so dass die gelöste Stimmung im Saal fast karnevaleske Züge bekam.
Alle drei Autoren berichteten im Gespräch mit Radiomoderator Jeub davon, dass die Corona-Zeit für sie sehr belastend gewesen sei. „Eigentlich hatte ich plötzlich sehr viel Zeit zum Schreiben, aber ich habe nichts zu Papier gebracht, weil ich den Kopf nicht freibekam“, berichtete Kramp. Die Besucherinnen und Besucher erfuhren darüber hinaus, dass Elke Pistor gern im Schlafanzug schreibt, allerdings nur zu Hause, Sabine Trinkaus keinen Schnaps mag, und Ralf Kramp neuerdings gern am Laptop inmitten seiner eierlegenden Hühner sitzt und arbeitet.
Eifeler Presse Agentur/epa