Krimifestival startete mit Mords-Kirmes-Spektakel bei der KSK
Krimiautorenpaar Carsten S. Henn und Ralf Kramp liefen im S-Forum der Kreissparkasse zur Höchstform auf – 200 Gäste fanden aus dem Lachen nicht mehr heraus
Euskirchen – Der alte Trecker vor dem SB-Center der Kreissparkasse Euskirchen an der Von-Siemens-Straße ließ bereits ahnen, dass hier etwas nicht stimmte. Wer kommt schon mit dem Trecker, um Geld abzuholen? In Euskirchen? Und als dann noch eine Kirmesorgel vor dem S-Forum zu dudeln begann und ein paar Holzpferde aus einem Kinderkarussell vor dem Eingang Spalier standen, war klar, hier geschieht mehr als Merkwürdiges. Spätestens beim Duft der gebrannten Mandeln war jedem klar: Bei der KSK wird Kirmes gefeiert, eine „Mords-Kirmes“ noch dazu, denn bei der schrägen Inszenierung handelte es sich um nichts anderes als dem Auftakt zum diesjährigen Krimifestival „Nordeifel Mordeifel“.
Jahrmarktmäßig ging es auch im Inneren des S-Forums weiter: Auf der Bühne blinkte die Schrifttafel „Fahrt ins Glück“, die von einem Karussell aus dem Jahre 1939 stammte. Für das Kirmes-Flair hatte die Schaustellerfamilie Schleifer aus Füssenich gesorgt, die auch die Orgel und die Holzpferde beigesteuert hatte. Wem der Trecker gehörte, ließ sich allerdings nicht ermitteln.
Landrat gesteht
Und damit auch im Saal für zünftige Kirmesatmosphäre gesorgt war, spielte die Musikkapelle Nettersheim unter der Leitung von Franz-Josef Strick ein paar flotte Märsche und Polkas, von denen Landrat Markus Ramers, der ein Herz mit der Aufschrift „Lausbub“ um den Hals trug, so begeistert war, dass er sich eine solche musikalische Begleitung von nun an für alle seine Auftritte wünschte.
Mit über 200 Gästen war das S-Forum wieder einmal ausverkauft, als Ramers den symbolischen Fassanstich vornahm – symbolisch, da der Kreishauschef es vermeiden wollte, „Stoff für weitere Krimis“ zu liefern. Der Landrat erinnerte sich daran, dass er einmal als Mitglied des Junggesellenvereins eine Nacht mit einem Kirmesknochen in seinem Bett verbracht hatte, um diesen vor dem Zugriff „auswärtiger Dörfer“ zu schützen. „Das war die einzige Nacht, die ich in meinem Leben mit einem Kirmesknochen geteilt habe“, gestand er.
Der Schirmherr lobte die „großartige und liebevolle Gestaltung des Abends“ und das „tolle Ambiente“ und bedankte sich bei der Geschäftsführerin der Nordeifel Tourismus GmbH (NeT), Iris Poth, die mit den beiden Autoren Elke Pistor und Ralf Kramp erneut die Soko „Nordeifel Mordeifel“ gebildet hatte, deren kreativen Ideen dann vor allem von Nicole Habrich und Patrick Schmidder mit viel Engagement umgesetzt worden waren.
Ein besonderes Lob ging an die Sponsoren, hier vor allem an die Kreissparkasse Euskirchen, die sich mit ihrer Bürgerstiftung und der Kultur- und Sportstiftung seit Jahren finanziell für die NoMo stark macht und auch das S-Forum für Veranstaltungen immer wieder zur Verfügung stellt. Ebenso ging Dank an die e-regio, die das neuntägige Festival ebenfalls nach Kräften unterstützt.
Schwarzhumoriges Krimispektakel
KSK-Vorstandsmitglied Holger Glück fragte sich in seiner Begrüßungsansprache zunächst, „ob unsere Begeisterung für Mord und Totschlag in einer Zeit, die davon ja reichlich zu bieten hat, nicht etwas bedenklich ist?“ Doch habe er sich in wissenschaftlichen Abhandlungen zum Krimi kundig gemacht und dort Beruhigung gefunden. „Wer Krimis liebt, der hat keinesfalls Freude an Mord und Totschlag, sondern vielmehr daran, dass am Ende die Ordnung wiederhergestellt wird. Der Täter wird überführt, und die Gerechtigkeit obsiegt. Das ist leider in der wirklichen Welt nicht immer so“, sagte Glück. Eifelkrimischreiber machten da, wenngleich auch nur literarisch, eine Ausnahme: „Sie wissen quasi noch, was sich gehört, und wonach wir uns alle sehnen: nach einer gerechten Welt.“
Dann aber fiel der Startschuss für ein schräges, schwarzhumoriges Krimispektakel, in welchem die beiden Autoren Carsten S. Henn und Ralf Kramp keinesfalls nur eine ihrer Mordsgeschichten vorlasen, sondern diese mit großem Körper- und Stimmeneinsatz sowie einer Reihe von Spezialeffekten zu einem Multimediaereignis werden ließen, in das man das Publikum immer wieder aktiv mit einband.
Die dargebotene Kriminal-Geschichte: Ein Mordfall auf dem Rummelplatz treibt das skurrile Ermittlerpärchen, Omma Brock und Kaplan Unkel, zu detektivischen Höchstleistungen an, die allerdings nie ganz von Eigennutz frei sind und den beiden nebenher noch Zeit lassen, in weitere kuriose Handlungen verstrickt zu werden. So gelingt es der raubeinigen Omma Brock ganz nebenbei, mit zwei Backsteinen in der Handtasche einen Enkeltrick-Betrüger im Riesenrad dingfest zu machen, während Kaplan Unkel im Liebeswaggon des Raupenfahrgeschäfts arg von einer Junggesellin bedrängt und mit deren amourösen Ansinnen belästigt wird.
Die beiden Autoren arbeiteten sich mit großem sprachlichen Facettenreichtum durch ihre Rollen, verliehen nicht nur den ermittelnden Protagonisten, sondern auch einer ganze Reihe von Nebendarstellern wie dem Raupen-Toni, dem Bürgermeister oder dem Marktleiter Pingel die passende akustische Maske. Ralf Kramps Spektrum reichte dabei von der prolligen Omma Brock, die er mit einer tiefen Raucherstimme versah, die ihm zuweilen selber Hustenreiz verschaffte, bis hin zum fiependen Schluchzen einer jungen Landfrauen-Dame namens Yvonne, sprich „Iwonne“.
Knuffautos
Immer wieder unterbrachen die beiden Autoren ihre Geschichte, forderten das Publikum auf mitzumachen, egal ob es galt, Regengeräusche zu imitieren, ganze Salven von Schüssen mithilfe von zuvor verteilten Brötchentüten zu erzeugen oder einfach nur gemeinsam Lieder zu singen. Darüber hinaus wurde die Lesung unterbrochen durch schräge Geräusche, Lichteffekte und auch schon mal durch eine Wasser-Pump-Gun, mit der Kramp durch die Reihen ging, um das Treiben des segenspendenden Kaplans für alle deutlich spürbar werden zu lassen.
Das Publikum kam oft aus dem Gelächter nicht mehr raus, zumal die beiden Autoren auch ein Händchen für Situationskomik und Slapstick bewiesen und einen zerplatzenden Luftballon oder ein paar am Boden rollende Flaschen direkt in ihre Lesung mit einbauten oder „kritisch“ hinterfragten, was sie da gerade lasen. Warum im Text „Auto-Scooter“ stehe, wollte Kramp beispielsweise wissen. Er habe früher Autoselbstfahrer gesagt, und in der Vulkaneifel nenne man sie Knuffautos.
Selbstverständlich wurde der Täter, so wie es Holger Glück vorausgesagt hatte, am Ende gestellt und die kleine heile Eifeler Kirmeswelt wieder hergestellt. Ganz schmerzfrei blieb die Veranstaltung für das Publikum aber sicherlich nicht. Mancher dürfte am anderen Morgen über einen heftigen Kater in seiner Lachmuskulatur geklagt haben.
Eifeler Presse Agentur/epa