„Wemmer se spreche, dann läävt se noch lang“

„Wemmer se spreche, dann läävt se noch lang“

 

LEADER-Mundart-Projekt startet in die zweite Halbzeit – KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker organisierte finanzielle Unterstützung durch die regionalen Sparkassen – Annika Esch ist neue Projektmanagerin und hat bis 2027 noch einiges vor

Weilerswist-Metternich – Das LEADER-Projekt der Region Zülpicher Börde (LAG) „Uns Sproch es Heimat“ war so erfolgreich, dass es in die Verlängerung geht. Noch bis Februar 2027 wird sich weiterhin von Metternich aus intensiv um den Erhalt und die Förderung der ripuarischen Mundart gekümmert, wie sie bis heute in verschiedenen regionalen Varianten gesprochen wird. „Der Verein Kulturhof Velbrück möchte die ripuarische Mundart in der Zülpicher Börde lebendig halten, sichtbar machen und an kommende Generationen weitergeben“, teilte die Leiterin des Kulturhofs, Marietta Thien, jetzt während einer Halbzeitbilanz des ambitionierten Projekts mit, zu der nicht nur die verschiedenen Akteure vom Kulturhof und der LAG Zülpicher Börde eingeladen waren, sondern auch die wichtigsten Sponsoren: Die Sparkassen der Region.

Udo Becker, der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Euskirchen, vertrat an diesem regnerischen Morgen quasi auch die Kreissparkasse Köln, die Sparkasse Düren und die Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland. Wie sehr Becker dieses Projekt am Herzen lag, hatte bereits der Vorstandsvorsitzende der Dürener Sparkasse, Uwe Willner, vor knapp zwei Jahren zum Projektstart verraten: „Herr Becker rief mich an und sagte: Ich brauche von dir Geld. Und Sie alle kennen Herrn Becker, da können Sie nicht nein sagen.“

Zogen Bilanz und stellten die weiteren Vorhaben des Mundart-Projekts vor: KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker (v.l.), Projektmanagerin Annika Esch, die Leiterin des Kulturhofs Velbrück, Marietta Thien, Carla Neisse-Hommelsheim (Vorsitzende der LAG Zülpicher Börde), Marie Marx (Ko-Regionalmanagerin LAG) und Sebastian Duif (Regionalmanager LAG). Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Zogen Bilanz und stellten die weiteren Vorhaben des Mundart-Projekts vor: KSK-Vorstandsvorsitzender Udo Becker (v.l.), Projektmanagerin Annika Esch, die Leiterin des Kulturhofs Velbrück, Marietta Thien, Carla Neisse-Hommelsheim (Vorsitzende der LAG Zülpicher Börde), Marie Marx (Ko-Regionalmanagerin LAG) und Sebastian Duif (Regionalmanager LAG). Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

250.000 Euro Gesamtkosten

„Die Gesamtkosten des Projekts betragen 250.000 Euro“, berichtete der Regionalmanager der LAG Zülpicher Börde, Sebastian Duif. Davon habe LEADER 70 Prozent der Kosten übernommen, die Sparkassen und ihre Kulturstiftung trügen 20 Prozent, der Verein Kulturhof Velbrück leiste einen Eigenanteil von 10 Prozent und bringe sich darüber hinaus mit seinem Ehrenamt ein. „Ohne die Unterstützung durch die Sparkasse hätten wir dieses Projekt nicht realisieren können“, so Duif, der sich bei Udo Becker bedankte. Doch der wiegelte ab: „Ein solches Projekt hängt nicht einfach nur am Geld, es bedarf dafür auch zahlreicher Menschen, die es mit Herz und Verstand umsetzen“, so der Vorstandsvorsitzende, der die Sparkassen dabei nur als „Teil eines Ganzen“ verstand. Wichtig sei daher die Vernetzung der regionalen Sparkassen mit den Akteuren vor Ort. „Anders als andere Banken verstehen wir uns als Teil des Dorfes“, so Becker.

Dass es dem Kulturhof Velbrück mit der Umsetzung des Projekts Ernst ist, beweist allein die Tatsache, dass mit Annika Esch eine neue Projektmanagerin eingestellt wurde. Esch, die Sprachwissenschaft und Germanistik studiert hat und damit eine ideale Besetzung ist, ließ zunächst einige Highlights der bisherigen Förderphase Revue passieren: So gab es seit November 2023 zunächst noch unter Leitung von Dr. Sarah Rodewald gleich mehrere Mundart- und Mitsing-Konzerte sowie einen Kabarett-Abend. Es fanden Vorträge zum Ripuarischen statt und zehn Ortsführungen „op Platt“. Weiterhin wurden Hörspiel- und Theaterwerkstätten ins Leben gerufen und ein Netzwerk aufgebaut. Besonders herausfordernd sei dabei gewesen, dass die erste Projektmanagerin leider krankheitsbedingt ein Jahr lang ausfiel, so dass die Vereinsmitglieder sich kräftig ins Zeug legen mussten, um alle Vorhaben zu stemmen.

Publikum soll selber aktiv werden

„Wir möchten für den zweiten Projektzeitraum ein starkes Mundart-Netzwerk in der Zülpicher Börde aufbauen, das über den Projektzeitlauf hinaus Bestand hat“, so Annika Esch. Weiterhin möchte man eine Bühne für regionale Mundart-Künstler und Gruppen bieten, Mitmachangebote für die Region realisieren, weitere Ortsführungen auf Platt umsetzen sowie Sprachkurse und Konzerte veranstalten.

Um neue, vor allem jüngere Zielgruppen zu erschließen, soll dabei auch verstärkt auf eine Kommunikation über Social-Media-Kanäle gesetzt werden. Ab 2026 sind darüber hinaus attraktive Veranstaltungsformate für Kinder und Jugendliche geplant. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Dokumentation. So ist geplant, ein Buch und ein Hörbuch mit Geschichten der Region sowie Redensarten, Sprichwörter und lokale Sprachbesonderheiten zu erstellen. Und schließlich wird auch eine intensive Kooperation mit dem LVR sowie anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen der Zülpicher Börde angestrebt.

Wichtig ist es den Akteuren, dass das Publikum nicht nur in die Rolle des Konsumenten versetzt, sondern auch selbst aktiv wird. „Wir wollen Menschen anregen, ihre Mundart zu pflegen, sie zu Hause weiterzugeben und den kulturellen und gesellschaftlichen Wert, den sie eindeutig hat, zu verfestigen“, so die Vorsitzende der LAG Zülpicher Börde, Carla Neisse-Hommelsheim, die sich in Bezug auf das Ripuarische selbst als „native speaker“ bekannte und die den Projekttitel einer Kölner Karnevalsveranstaltung verdankt.

Programm für die Herbst- und Winterzeit

Für die Herbst- und Winterzeit hat der Kulturhof Velbrück bereits wieder einiges zu bieten. Am 19. September, 19 Uhr, gibt es Kölsches Kabarett mit „Saach Hür Ens“. Der 11. und 18. Oktober, 10 bis 17 Uhr, ist für die Hörspielwerkstatt reserviert. Ein Kochkurs in Mundart mit Jörg Kaster wird am 5. November, 18 Uhr, im Pfarrhaus der Pfarrgemeinde St. Kunibert in Ülpenich angeboten. Ein großes Netzwerktreffen soll am 18. November, 18 Uhr, im Kulturhof stattfinden. Und am 21. Dezember heißt es an selber Stelle: „Wiehnachte em Kohstall – Ene Adventsovend met Krippespill un Singe op Kölsch!“ Dann ist der Mundartspielkreis St. Kilian aus Lechenich zu Gast. Den Abschluss des Abends bietet ein weihnachtliches Mitsing-Konzert mit Wolfgang Jaegers.

Akteure und Sponsor einte gleichermaßen der Glaube, dass es wichtig ist, die Mundart zu erhalten, da sie Identität stifte, einen anderen Blick auf die Realität biete und sich in ihr beispielsweise auch Kritik weitaus freundlicher äußern lasse als im Hochdeutschen. Udo Becker hatte es dabei vor allem das Lied „Kölsche Jung“ von Brings angetan, vor allem die Aussage darin, dass die Sprache nicht kaputt geht, so lange man sie spricht, oder wie es im Original heißt: „Wemmer se spreche, dann läävt se noch lang/ Dann jeht se och niemols kapott“.

Weitere Infos unter: www.kulturhof-velbrueck.digital

Eifeler Presse Agentur/epa